Josep Caballero García / Queerpraxis

Who’s Afraid of Raimunda / Film in drei Episoden: Berlin

  • Film
  • Musik
  • Performance
  • Tanz
Deutsch /  Englisch /  Spanisch / 
Eine Person in grünem Pailletten-Umhang sitzt mit Wollknäuel am Boden.

“Wer ist Raimunda?” – “Erst einmal ist Raimunda meine Urgroßmutter. Es ist eine Frau, die am Ende des 19. Jahrhunderts gegen die Erwartungen einer spanischen ländlichen Gesellschaft mit Männern Geschäfte machte, schreiben konnte und Zeitung las. Sie ist eine Figur aus meiner Familie, und sie ist die allegorische Figur unseres Stückes. Vom Mittelalter bis heute gibt es zahlreiche Raimundas und wir sind anlässlich unseres Stückes vielen anderen historischen Figuren begegnet, die ihr entsprechen.”

Die neue Produktion von Josep Caballero García “Who’s Afraid of Raimunda” wurde am 22. Oktober 2020 in Kampnagel Hamburg uraufgeführt und begibt sich auf die Spuren queerer Ikonografien. Die Arbeit an der Uraufführung zu “Who’s Afraid of Raimunda” begann vor einem Jahr mit der Erforschung eines Kapitels aus der mittelalterlichen Geschichte der iberischen Halbinsel – einer Zeit, in der die Pluralität von Kulturen und Geschlechtern geduldet wurde, bevor die Christen 1492 die Halbinsel wiedereroberten und die Juden aus Granada auswiesen. Zuvor hatten über mehrere Jahrhunderte hinweg drei unterschiedliche Kulturen und Religionen zusammengelebt; Al-Andalus, Juden und Christen, die zusammen ein außergewöhnliches kulturelles Hybrid bildeten. Nicht nur Kulturen kreuzten sich, sondern auch sexuelle Praktiken. Zahlreiche Texte und Gedichte aus der Zeit beschreiben eine queere, hedonistische iberische Halbinsel und zugleich auch den Kampf gegen die andalusische und jüdische Homosexualität aus der Zeit der christlichen Wiedereroberung. 

Zu Beginn der Stückrecherche lasen sich die Texte aus der jüdischen, arabischen und christlichen Literatur dieser Zeit noch als eine mögliche Utopie, erwiesen sich allerdings als ein zwar homosexuelles, aber nicht minder patriarchales Beziehungskonzept, in dem Frauen nicht vorkommen.

Darum ist Garcías neues Projekt “Raimunda” gewidmet – wer auch immer Raimunda ist. Als allegorische Figur steht sie für verborgene, unsichtbare, vom Patriarchat oder von anderen Machtgefügen in den Schatten gestellte Identitäten und verkörpert den lustvollen Widerstand gegen repressive Macht- und Ausgrenzungsmechanismen.

“Who’s Afraid of Raimunda” ist die zweite Arbeit von Josep Caballero García, die im Rahmen des zweijährigen durch den Fonds Doppelpass geförderten Kooperationsprojekts “Queere Kreuzzüge” mit Kampnagel Hamburg sowie dem HAU Hebbel am Ufer und dem Theater Lüneburg zu sehen ist.

Nun haben sich Josep Caballero García und Team entschieden, die vielen kunst- und kulturhistorischen Raimundas, denen sie im Arbeitsprozess begegnet sind, zu dokumentieren und sie diesmal filmisch mit ihren Zuschauer:innen zu teilen.

Der Film ist all den Körpern gewidmet, die sich wieder begegnen und berühren werden!

Team

Konzept, Skript, Choreografie Film: Josep Caballero García / Performance Film: Göksu Kunak aka Gucci Chunk, Lea Martini, Enis Turan, Josep Caballero García / Dramaturgie Film: Anne Kersting / Kamera, Schnitt: Christopher Hewitt / Kostüm Film: Claudia Hill / Soundgestaltung Film: Alexandre J. Maurer / Setdokumentation: Ethan Folk / Produktionsleitung Film: Barbara Greiner / /// “Who’s Afraid of Raimunda” (Bühnenstück): /// / Konzept, Choreografie, Performance: Josep Caballero García / Performance: Göksu Kunak aka Gucci Chunk, Lea Martini, Enis Turan / Musiker:innen: Lüneburger Symphoniker / Violine Solo: Markus Menke / 1. Violine: Maike Schmersahl / 2. Violine: Mari Sakai (22.+ 24.10.), Fan Wang (23.10.) / Viola: Wolfgang Söllner / Cello: Daniel Munck (23.10.), Julia Schumann (22.+ 24.10.) / Kontrabass: Christoph Schmitz (22.+ 24.10.), Ulrike Setz (23.10.) / Flöte: Manfred Seer / Oboe: Asako Sugihara / Trompete: Dirk Jeß / Horn: Tomasz Walentek / Posaune: Steffen Happel / Schlagwerk: Clemens Bütje / Komposition, Musikalische Leitung: Thomas Dorsch / Komposition, Sound: Alexandre J. Maurer / Text: Josep Caballero García, Leyla Jagliella, Göksu Kunak aka Gucci Chunk, Lea Martini / Dramaturgie: Anne Kersting / Kostüm, Ausstattung: Claudia Hill / Assistenz Kostüm: Diane Esnault, Emilia Patrignani / Lichtgestaltung: Elliott Cennetoglu / Technische Leitung: Jan Krause / Stimmcoaching: Jule Flierl / Fotodokumentation: Simone Scardovelli / Videodokumentation: Christopher Hewitt / Presse, ÖA, Social Media: Julia Kretschmer, Michael Tsouloukidse / Mitarbeit Produktion: Lena Astarte Posch / Projektleitung: Barbara Greiner / Dank an: Aslan, Markus Cherouny, Barbara Ghersi, Leyla Jagliella, Claude Jansen, Silke Löhmann (Costume Company), Pepetual Mforte Chiangong, Caroline Packenius, Sarah Schatzl, Stefan Valdes Tittel, Paula-Irene Villa Braslavsky

Termine

Vergangen
Fr 22.1.2021, 19:00 / HAU4
Hinweis:

Film anschauen

Im Anschluss bis 4.7. in der HAUthek verfügbar

Credits

Produktion: Queerpraxis GbR/ Josep Caballero García, Kampnagel Hamburg, Theater Lüneburg. Koproduktion: HAU Hebbel am Ufer. Gefördert durch: Fonds Doppelpass der Kulturstiftung des Bundes, Elbkulturfonds der Freien und Hansestadt Hamburg.

HAU3000 / Positionen, Projekte, Publikationen

Wir, das Ungarn des Westens

Text von Paul B. Preciado

Paul Preciado beobachtet, wie innerhalb europäischer demokratischer Institutionen zunehmend neofaschistische Laboratorien entstehen ...