23.9.–4.10.2020 / HAU1, HAU2, HAU4

Radical Mutation: On the Ruins of Rising Suns

Kuratiert von Nathalie Anguezomo Mba Bikoro, Saskia Köbschall, Tmnit Zere, In Zusammenarbeit mit Wearebornfree! Empowerment Radio

Mit: Abenaa Adomako, Robbie Aitken, Maya Alban-Zapata, Idil Nuna Baydar als Jilet Ayşe, Franck Bidin, Bino Byansi Bjakuleka, Memory Biwa, edna bonhomme, Celina Bostic, Thelma Buabeng, Caxxianne, Pepetual Mforde Chiangong, Mister Colfer, Dr. Dr. Daniele G. Daude, Lamin Fofana, Quinsy Gario, Natalie Greffel, Saraya Gomis, Karina Griffith, Raphael Hillebrand, Nyima Jadama, Muhammed Lamin Jamada, Jennifer Kamau, Manmeet Kaur, Label Noir, Georgina Leo St Laurent, Ligia Lewis, Robert Machiri, Mandhla, Sajan Mani, Sandrine Micossé-Aikins, MINCO, Grace Ndiritu, Nasheeka Nedsreal, Nguyễn + Transitory, Katharina Oguntoye, Musa Okwonga, Shanti Suki Osman, Eric Otieno, Bárbara Santos, Shannon Sea, Lerato Shadi, Ahmed Soura, The String Archestra, The Swag, Armeghan Taheri, DJ Walta, Moro Yapha, ZOE und weiteren.

 

Das Eröffnungsprogramm für den neuen Raum im HAU1 entwickeln die Gast-Kurator*innen Nathalie Anguezomo Mba Bikoro, Saskia Köbschall und Tmnit Zere. “Radical Mutation” schlägt Brücken zwischen historischen Kämpfen für Gleichberechtigung, Antirassismus und Diversität in Kultur und aktuellen Bestrebungen für radikale Veränderungen. Berlin ist der Ausgangspunkt für das Nachzeichnen dieser Geschichten und ihrer Spuren, die uns von Douala nach Neukölln, vom Tiergarten nach Harlem führen. Im Zuge der Covid-19-Pandemie und der aktuellen Kämpfe gegen strukturelle Ungleichheiten konzipiert das Programm kulturelle Realitäten, die unsere Komplexitäten widerspiegeln und zu Räumen für das Schmieden von Allianzen, Regeneration und Heilung werden.

Das sagen die Gast-Kurator*innen über ihre Arbeit im HAU1:

”Das Programm ‘Radical Mutation: On the Ruins of Rising Suns’ schlägt Brücken zwischen historischen Kämpfen für Gleichberechtigung, Antirassismus und ‘representation’ in Kultur und aktuellen Bestrebungen für radikale Veränderungen. Berlin ist der Ausgangspunkt für das Nachzeichnen dieser Geschichten und ihrer Spuren, die uns von Douala nach Neukölln, vom Tiergarten nach Harlem führen. Der Titel des Programms bezieht sich auf eine der ersten überlieferten Schwarzen Theaterstücke (‘Sonnenaufgang im Morgenland’, 1930), welches in einem beliebten Arbeiter*innen-Festsaal in Neukölln aufgeführt wurde und die die Darstellung von Schwarzen Menschen in kulturellen Produktionen der Weimarer Republik in Frage stellte. ‘Radical Mutation’ nimmt symbolisch an der Aufführung von ‘Sunrise in Morning Land’ teil, spaziert durch den Berliner Tiergarten mit Alain Locke und Claude McKay in den 1920er Jahren, die später die Harleme Renaissance Bewegung prägten, diskutiert mit der Schauspielerin Rasha (dargestellt in Schads Gemälde “Agosta, der Flügelmensch, und Rasha, die schwarze Taube”, 1929) in ihrer Zirkuskarawane auf dem Leopoldplatz über Kultur und Politik und lauscht den Gesprächen von May Ayim und Audre Lourde über Lyrik und den Kampf gegen Rassismus. ‘Radical Mutation’ gedenkt dieser Bestrebungen, spürt sie auf und verlagert sie in einen 1908 erbauten historischen Theaterraum (das Hebbel-Theater, HAU1). In Folge der Covid-19-Pandemie und der aktuellen Kämpfe gegen Rassismus und strukturelle Diskriminierungen wird das Programm zu einer Zäsur. Es konzipiert kulturelle Realitäten, die unsere Komplexitäten widerspiegeln und zu Räumen für das Schmieden von Allianzen, Regeneration und Heilung werden.” – Nathalie Anguezomo Mba Bikoro, Saskia Köbschall und Tmnit Zere

Für die Mutation des HAU1 hat sich das HAU Kompliz*innen gesucht: Die UdK-Bühnenbild-Klasse von Prof. Janina AudickAnneke Frank, Paula Meuthen, Helena Schaber, Olivia Schrøder, Yaming Wang / Künstlerische Projektleitung: Daniela Zorrozua / Janina Audick – hat einen hybriden Raum entworfen, der die Grenzen zwischen Bühne und Publikum, zwischen Kultur und Natur oszillieren lässt. Das Theater wird zum Antikörper. Sehgewohnheiten werden hinterfragt und räumliche Grenzen aufgebrochen. 

Radioprogramm in Zusammenarbeit mit Wearebornfree! Empowerment Radio

23.9. 17:00: Radical Mutation − Radio Session #1

Vortrag: Robbie Aitken Audio-Vortrag (Englisch)
Robbie Aitken ist seit 2010 Dozent an der Sheffield Hallam University. Zuvor war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Dozent für Germanistik an der Universität Liverpool, wo er 2002 nach einem Aufenthalt an der Humboldt-Universität Berlin auch promovierte. In seiner Forschungs- und Lehrtätigkeit widmet er sich der Schwarzen Diaspora in Deutschland, dem europäischen Kolonialismus und der Konstruktion von Rasse in Europa vor 1945. Zu seinen zahlreichen Veröffentlichungen über Deutschlands erste Schwarze Community gehört unter anderem “Black Germany: The Making and Unmaking of a Diaspora Community, 1884-1960” (zusammen mit Eve Rosenheft, Cambridge University Press 2013). Gegenwärtig beschäftigt er sich mit Schwarzen Entschädigungsforderungen im Anschluss an den Holocaust.

Musik: Listening at Pungwe (Memory Biwa & Robert Machiri)
Listening at Pungwe – ein Gemeinschaftsprojekt der namibischen Historikerin Memory Biwa und des Klangkünstlers Robert Machiri – beschäftigt sich in der radiophonen Lecture-Performance “Dzimudzangara: A Spectral Figuration of Archival Voices” mit der deutschen Kolonialgeschichte. Die Geschichte handelt von Kingigitile “Bokero” Ngwale, der, besessen von dem Geist-Medium Hongo, Kämpfer gegen die deutschen Invasoren rekrutiert. Die Künstler*innen überblenden Vinylaufnahmen aus mehreren Jahrzehnten mit Liedern, Gedichten und flüchtigen Gesten in Richtung Vergangenheit und laden die Zuhörer*innen ein, das Unsichtbare in Gemeinschaft zu hören und zu spüren.
 

25.9. 17:00: Radical Mutation − Radio Session #2

Konversation: Dr. Dr. Daniele Daude (The String Archestra)
Dr. Dr. Daniele Daude
, Gründerin und Leiterin des Streicherensembles The String Archestra, spricht über die Geschichte Schwarzer Komponist*innen und ihren Beitrag zu den Befreiungsbewegungen. The String Archestra wurde 2016 in Berlin gegründet, mit dem Ziel, die Position Schwarzer Musiker*innen und Musiker*innen of Color in der klassischen Musik zu stärken und Komponist*innen zu würdigen, die in der Musikgeschichte wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit oder ihres Geschlechts übergangen wurden.

Musik: MINCO
Die gebürtige Berlinerin MINCO verknüpft in ihrem Sound auf fulminante Weise das Feeling des Berliner Clublebens mit ihren familiären Wurzeln in Westafrika und einer Erweckungsreise nach Südafrika, wo sie die House Music lieben lernte. Ihre Musik ist ein Amalgam intensiver und mitreißender House-Melodien mit unnachahmlich funkigen Technorhythmen. MINCO ist Mitglied des Berliner Rise Collective und Resident in dem weit über die Stadt hinaus bekannten Watergate.
 

26.9. 22:00: Radical Mutation − Radio Session #3

Musik: DJ Walta
DJ Walta
ist ein junger gambischer DJ, der mit Herz und Seele an den musikalischen und künstlerischen Veranstaltungen von Wearebornfree! mitwirkt. Er legt regelmäßig beim Entertainment-Programm Wearebornfree! Saturday Segment auf. In seinen DJ-Sets mischt er unterschiedliche Musikstile, vorrangig Afrobeats, Reggae und Dancehall.
 

28.9. 17:00: Radical Mutation − Radio Session #4

Gespräch: Musa Okwonga & Ahmed Soura
Musa Okwonga
ist ein britisch-ugandischer Schriftsteller, Dichter und Musiker. Er studierte Jura an der Universität Oxford und verfasste zahlreiche Essays und Stellungnahmen zu Kultur, Rassismus, Gender, Musik, Sport, Politik und Technik. Seine Texte erscheinen unter anderem in The Economist, The Guardian, The Independent, The New Statesman und The New York Times. Zudem verfasste Okwonga zwei Fußballbücher: “A Cultured Left Foot (2007) und “Will You Manage?” (2010). Im Jahr 2015 erschien sein erster Lyrikband “Eating Roses For Dinner”.

Ahmed Souras Solotanzstück “Spot on Me, I Can’t Breathe” befasst sich mit der Art und Weise, wie die anhaltende Geschichte von Trauma und Befreiung den Bewegungen des Schwarzen Körpers eingeschrieben ist. Das Stück spürt den weltweiten Spuren traditioneller afrikanischer Tänze und ihrer Verwandlung etwa in Hip-Hop-Moves nach und nähert sich mittels des Körpergedächtnisses dem Kampf der Schwarzen Menschen und der Black-Lives-Matter-Bewegung. Die beiden Aufführungen des Abends befassen sich mit Möglichkeiten, den “weißen” Blick zu verwirren und nutzen Scheinwerfer (Ahmed Soura) beziehungsweise Spiegel (Lamin Fofana), um die Dynamik der übermäßigen Sichtbarkeit des Schwarzen Körpers im traditionell weißen Theaterraum aufzubrechen und so die Ökonomie des Schauens und des Angeschaut-Werdens, des Schauspiels und des Zur-Schau-Stellens, des Genießens und des Genossen-Werdens zu stören.

Musik: Lamin Fofana
Lamin Fofana
verwendet in seiner Musik-Performance “You Have Confused the True and the Real” jüngst in der Sound-Albumtrilogie “Black Metamorphosis”, “Darkwater” und “Blues” veröffentlichte Musikstücke. Die Alben beschäftigen sich anhand einflussreicher Texte von Sylvia Wynter, W.E.B. DuBois und Amiri Baraka aus der Perspektive der Black Studies mit historischen und epistemologischen Entwicklungen des aktuellen sozialen und politischen Denkens. Die Musik dient Fofana als Medium, um sich mittels gemeinschaftlichen Hörens und Performance mit einer Reihe von Themen wie Schwarzsein, Migration, Vertreibung und ethnischer Zugehörigkeit auseinanderzusetzen, zudem erschafft er Räume, in denen wir uns andere Formen des Lebens erträumen und vorstellen können und nichtlineares Denken und nichtlineare Erfahrungen in den Vordergrund rücken.
 

1.10. 17:00: Radical Mutation − Radio Session #5

Manmeet Kaur + Mister Colfer
Die in der Kaschmir-Region geborene und im Punjab aufgewachsene Manmeet Kaur ist in Indien als Femcee eine Pionierin. Ihre zum Beat vorgetragenen Verse zeigen ihren hoffnungsvollen Blick auf die Gesellschaft, zugleich verleiht sie als stoische Soundforscherin der Harmonie Gestalt und stellt die oftmals ausgeblendeten selbstzerstörerischen sozialen Ansprüche infrage, die in der heutigen hyperkompetitiven digitalen Welt eines materialistischen menschlichen Geists gefeiert werden. Ihre Spezialität sind lyrische Improvisationen mit verschiedenen Bands, aber auch gerappte Reiseberichte zu groovigen Hip-Hop-Beats. Manmeet Kaur ist gegenwärtig im Rahmen der ersten, von der Martin Roth-Initiative großzügig geförderten Residency in Berlin zu Gast bei Savvy Contemporary. Mit ihren Songs erinnert Manmeet uns an die schiffbrüchigen edlen Sitten und sucht in dem modernen Zeitalter drastischer Industrialisierung nach einem einfacheren Lebensstil. In “Bayer A Moment” versammelt sie für diese besondere Zusammenkunft ihr eurozentrisches Wissen rund um eine industrielle, pharma-kulturelle und gesellschaftliche Toxizität, die in dieser Zeit einer mehr oder weniger strategisch angegangenen globalen Pandemie vorhersehbare Auswirkungen auf die menschliche Spezies hat. Wie können wir ein stoisches Licht jenseits der von uns entworfenen Tunnel menschlicher Nützlichkeit entdecken? Nötig ist eine kollektive Anstrengung, und Manmeet ist mittendrin.

Begleitet wird sie von “Mister Colfer” als ihrem Yang, einen genreübergreifend arbeitenden Künstler aus dem französischen Montpellier. Gemeinsam diskutieren sie die Nährwerte des Konsums heutiger Ideen, Produkte und Dienstleistungen. Sie freuen sich über Kritik und den Austausch von Menschen aus unterschiedlichen Berufsfeldern und laden das Publikum ohne jede Voreingenommenheit ein.
 

2.10. 17:00: Radical Mutation − Radio Session #6

Gespräch: Nyima Jadama, Jennifer Kamau

Shanti Suki Osman: Voicing Up, further iterations
Im Mai 2017 schuf Shanti Suki Osman mit Voicing Up ein Klangstück zu einer Performance-Lecture, für die sie Interviews mit Schwarzen Frauen* und Frauen* of Color der Berliner elektronischen Musikszene geführt hatte. Darin definierte sie grob die Begriffe der ‘Streckung’, der ‘Zurückweisung’ und des ‘Ertragens’, die sie in Strategien der Raumschaffung und des Umgangs mit marginalisierten Positionen entdeckt hatte. Um dieselbe Zeit besuchte sie Freund*innen in Mumbai und Goa und zeichnete einige von deren Äußerungen zu Feminismus und Überleben auf. In Voicing up, further iterations kombiniert sie ihr originales Klangstück mit den aufgezeichneten Äußerungen und gestaltet auf diese Weise einen skizzenhaften Kommentar zur Verhandlung des Raums aus einer randständigen, dennoch privilegierten Position. In mancherlei Hinsicht mutet das Gespräch – wie vieles vor 2020 – überholt an. In anderer Hinsicht ist es mit seiner Wiederholung von Themen und Befürchtungen zeitlos. Das Stück ist als Momentaufnahme gelebter Erfahrung zu betrachten, nicht als eine Anleitung. Herzlichen Dank an Nupur und Mae.

Shanti Suki Osman lebt als Künstlerin und Pädagogin in Berlin. Sie nutzt Gesang, Sound und Radio und beschäftigt sich mit Identitäten, Privilegien, Antirassismus und Feminismus. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität und promoviert zum Thema Women* of Colour, Musikpädagogik und Musikhochschulen an der Carl von Ossietzky Universität, Oldenburg. Sie ist die eine Hälfte des feministischen Elektropop-Duos Late Nights In Squat Bars (zusammen mit Dafne Della Dafne).

2.10. 22:00: Radical Mutation − Radio Session #7

“Curing Our Bodies: Black Healing through Restorative Rituals”
Gespräch: Grace Ndiritu (The Year of Black Healing) & edna bonhomme

“The Year of Black Healing” ist eine künstlerische Reaktion auf Präsident Macrons Ausrufung des Jahres 2020 zum Jahr Afrikas auf dem gesamten französischen Territorium. Aus Widerstand gegen Politiker, die sich die Schwarze Kultur für ihre eigenen Interessen aneignen, erklärte Grace Ndiritu 2020 zum Year of Black Healing (Jahr der Schwarzen Heilung). Ihr Programm für dieses Jahr umfasst in Zusammenarbeit mit verschiedenen Institutionen Ausstellungen, Performances und Diskussionen, in denen es um Ndiritus Schaffen und dessen Verhältnis zu Dekolonisierung, spiritueller Praxis, Schwarzer und Indigener Kultur, Neoliberalismus und Rassismus #georgefloyd geht.

edna bonhomme ist eine Kunstschaffende, Historikerin, Dozentin, Autorin und ehemalige Biologin und beschäftigt sich mit der Archäologie (post)kolonialer Wissenschaft, Verkörperlichung und Überwachung. Eine zentrale Frage ihrer Arbeit lautet: Was macht die Menschen krank? In ihren Praktiken setzt sie sich mit der Wahrnehmung moderner Seuchen und den Versuchen, ihnen zu entkommen, auseinander. Sie promovierte an der Princeton University und untersuchte in ihrer Dissertation “Plagued Bodies and Spaces: Medicine, Trade, ans Death in Egypt and Tunisia, 1500-1804 CE” die Geschichte von Epidemien, Handel und Begräbnisriten in Nordafrika und dem Nahen Osten.
 

4.10. 17:00: Radical Mutation − Radio Session #8

Gespräch: Armeghan Taheri "What's Afghan Punk Anyway?"
Armeghan Taheri ist eine afghanisch-deutsche Autorin und Rednerin, zudem ist sie Mitgründerin des NOMEN Collective und Gründerin der jährlich in gedruckter und digitaler Form erscheinenden Zeitschrift “What’s Afghan Punk Anyway?”, in dem sie seit 2018 Texte afghanischer Erzähler aus aller Welt versammelt. Sie erwarb an der School of Oriental and African Studies (SOAS), University of London, einen Magister in Rechtswissenschaft und hat gegen geschlechtsspezifische Gewalt zu Intersektionalität geforscht. In ihrer künstlerischen Praxis nutzt sie die Erzählkunst als Mittel der kritischen Analyse der sozialen und politischen Realität.

Musik: Nguyễn + Transitory “Sound Postcard for Radical Mutation”
“Wenn eine Branche allein auf Oberflächlichem beruht wie etwa der Entdeckung und Vermarktung des ‚Neuen‘ und von Menschen, die dem vermeintlich letzten Trend entsprechen, wird der Einsatz für eine fortschrittliche Politik letztlich wenig überraschend nur zu einer Pose. Solange nicht mehr Unterrepräsentierte, Unterprivilegierte, Subalterne und Menschen der ‚Unterschicht‘ in den Künsten und anderswo in Entscheidungspositionen vorrücken und die kulturellen Institutionen sich nicht aus der Logik von Kapitalismus und Patriarchat lösen, wird die kulturelle Landschaft sich nicht grundlegend verändern.“
Für Radical Mutation erschaffen Nguyễn + Transitory eine Klang-Postkarte, die sie im Rahmen ihrer Installation Topography of Vulnerabilities #2 präsentieren – 2 Musiker erkunden im Austausch mit zwei Pflanzen, einem Nagra und einem Oszillator, wie wir unter Bedingungen, die zu unserer eigenen Auslöschung beitragen, weiterhin funktionieren und existieren.”
Nguyễn + Transitory besteht aus Nguyễn Baly und Tara Transitory, die in ihrem Schaffen Klang, Performance und Installationen verbinden. Vor allem mittels modularer Synthesizer und analoger Tonbänder suchen sie nach einem weniger kolonialen Umgang mit Sound, Synthese, Noise, Rhythmus und Performance und fragen nach dem Zusammenhang von Frequenzen, der physikalischen Seite der Klangerschaffung und den zufälligen Vibrationen mit dem kognitiven Gedächtnis, den gespeicherten Erinnerungen und der Katharsis. Darüber hinaus versuchen sie, in ihrer Praxis mehr über die verschiedenen queeren Lebensformen und verlorenen Geschichten in Südostasien und der Diaspora zu erfahren. Neben ihrer künstlerischen Tätigkeit betreiben sie das von ihnen gegründete Studio Queer Ear Mastering.


4.10. 22:00: Radical Mutation – Radio-Session #9

Gespräch: ZOE & Georgina Leo St Laurent
ZOE
ist als freie Künstlerin, Tänzerin, Musikerin und Choreografin mit einem queer-feministischen und inklusiven Schwerpunkt tätig. Sie war Mitglied von “House of Melody”, dem ersten deutschen House-Kollektiv, das entscheidenden Anteil an der Durchsetzung der Voguing- und Ballroom-Szene in Deutschland hatte. In dem Gespräch diskutiert sie mit weiteren Gästen die deutsche Ballroom-Kultur.

Georgina Leo Saint Laurent schloss 2008 die Fontys Dance Academy in Tillburg (NL) mit einem Bachelor der Darstellenden Künste ab und ist seither erfolgreich als freischaffende Performerin und Choreografin in der europäischen Tanz- und Entertainmentbranche tätig. Sie erwarb sich einen Namen als Pionierin des Ballroom in Deutschland und war nach der Gründung von Berlin Voguing Out (2011-2016) auch die Mutter des ersten deutschen House-Familie, dem House of Melody (2012-2019). Durch die kontinuierliche Arbeit der vergangenen sieben Jahre haben Mutter Leo und ihr House sich als führende Kraft der deutschen Ballroom/Vogue-Kultur etabliert und von NRW über Hamburg bis nach Berlin eine wachsende künstlerische und selbstbewusst expressive Szene inspiriert. Im Juli 2019 hat sich das House of Melody mit dem Iconic House of Saint Laurent (1982 in New York gegründet) zusammengeschlossen und firmiert nun unter Leitung der europäischen Mutter Georgina Leo Saint Laurent als europäische Dependance. Im Zeichen des Iconic House wird das Kollektiv seine Ballroom-Arbeit fortsetzen und sich auf den Austausch mit der internationalen Ballroom-Szene konzentrieren, um Authentizität zu gewährleisten und das Verständnis für die komplexen Strukturen dieser Kultur zu fördern.

Gefördert im Rahmen des Bündnisses internationaler Produktionshäuser von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.