14.–17.11.2013 / HAU + Radialsystem V

Sacre 100

Open Call im Rahmen von "Tanz über Gräben. 100 Jahre Le Sacre du Printemps"

Eingedrehte Füße, abgeknickte Köpfe, die Bewegungen eckig und abrupt, chorisch stampfend und zitternd. Am Ende der Erschöpfungstod, das inszenierte Opfer für den heidnischen Sonnengott. Tanzen – maßlos, wuchtig, verstörend.
Die Premiere von "Le Sacre du printemps" am 29. Mai 1913 im Pariser Théâtre des Champs-Elysées war ein Schock. Vaslav Nijinskys Choreographie und die Musik Igor Stravinskys lösen den größten Skandal der Tanzgeschichte des 20. Jahrhunderts aus. Am Vorabend des Ersten Weltkriegs aufgeführt, sind die Kriegstoten der Schützengräben auf erschreckende Weise im Ballett vorweggenommen: "Le Sacre du printemps" – ein Tanz über Gräben.
 
Hundert Jahre später erörtert eine internationale und interdisziplinäre Konferenz die besondere Rolle von "Le Sacre du printemps"  für die Tanzmoderne und als kulturgeschichtliches Phänomen. Im Mittelpunkt steht die Frage nach den Opferaspekten Victim und Sacrifice, der Beziehung zwischen Abstraktion und Ornament sowie der eigentümlichen Verschränkung von Modernismus und Primitivismus. Worin lag der Skandal der Premiere von 1913, und welche Relevanz hat das Stück heute?
 
Die Konferenz ist eingebettet in ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm, das Rekonstruktionen früherer Choreographien und zeitgenössische Versionen von Le Sacre du printemps vereint. Eigens für diesen Anlass entwirft der Szenograph Detlef Weitz eine Videoinstallation, die in den Räumen des Radialsystems V. gezeigt wird. Das Theater Hebbel am Ufer ruft in einem Open Call zur choreographischen Auseinandersetzung mit "Le Sacre du printemps" auf und präsentiert eine Auswahl junger zeitgenössischer Annäherungen an den Tanz über Gräben.

HAU Hebbel am Ufer - OPEN CALL
Das HAU Hebbel am Ufer ruft in einem Open Call zur choreografischen Auseinandersetzung mit Le Sacre du Printemps auf und lädt junge Choreografen und Choreografinnen mit Wohnsitz in Deutschland dazu ein, uns einen Inszenierungsvorschlag mit ihrer Sichtweise dieses Klassikers zukommen zu lassen.
Das Schreiben sollte eine kurze Projektbeschreibung (maximal drei Seiten) und eine CV der jeweiligen Choreografen enthalten. Die Künstler haben die Wahl, einen der beiden Teile der Originalkomposition (I.: „Die Anbetung der Erde“ oder II.: „Das Opfer“) als Grundlage für ihre Inszenierung auszuwählen. Die Aufführung sollte nicht länger als 15 Minuten dauern. Die Projektbeschreibung sollte den künstlerischen Ansatz in direkter Auseinandersetzung mit Nijinskys Choreografie formulieren und die Relevanz der in ihr angelegten Themen für die heutige Zeit beschreiben können. „Denn es ist”, so Walter Benjamin in seinem Essay Über den Begriff der Geschichte, „ein unwiederbringliches Bild der Vergangenheit, das mit jeder Gegenwart zu verschwinden droht, die sich nicht als in ihm gemeint erkannte.”

Eine Jury wählt zehn der eingereichten Inszenierungsvorschläge aus. Sie werden als Teil der Veranstaltungsreihe im HAU Hebbel am Ufer aufgeführt werden. Neben einem kleinen Honorar (max 1.000 Euro) stellt das HAU nach Absprache einen Proberaum sowie technische und künstlerische Unterstützung zur Verfügung.
Im Anschluss wird eine dieser Arbeiten zu einem abendfüllenden Programm weiterentwickelt und durch das HAU koproduziert.

Einsendungen sind bis zum 7. Juli. 2013 in deutscher oder englischer Sprache per Mail an folgende Adresse zu richten: opencall@hebbel-am-ufer.de


Die Mitglieder der Jury sind:

Prof. Dr. Gabriele Brandstetter - Institut für Theaterwissenschaft, Freie Universität Berlin
Ricardo Carmona – Tanzkurator HAU Hebbel am Ufer, Berlin
Laurent Chétouane – Choreograph und Regisseur
Kerstin Evert  - Künstlerische Leitung K3 – Zentrum für Choreographie, Hamburg
Madeline Ritter - Leitung Tanzfonds/ diehl+ritter gUG

54 junge Künstlerteams haben sich auf unseren Call beworben. Das Spektrum der Ansätze reichte von starken gesellschaftspolitischen Bezügen bis hin zu spezifischen Auseinandersetzungen mit dem musikalischen und choreografischen Material.  Die ausgewählten Ideen bestechen durch ihre unerschrockene und zugleich ernsthafte Herangehensweise an das kanonische Stück, die Originalität des Zugriffs und die pointierten Perspektiven.
Wir freuen uns Ihnen mitteilen zu können, dass die Jury folgende Arbeiten für die Veranstaltung ausgewählt hat:

- Marcela Giesche
- Jorge Hoyos und Nir Vidan
- Milla Koistinen
- Melanie Lane
- Adam Linder
- Lea Moro
- Kenji Ouellet
- Tian Rotteveel
- Kareth Schaffer
- Netta Yerushalmy


Wir bedanken uns für die Zeit, die Gedanken und die Arbeit, die alle Bewerber in die eingereichten Konzepte investiert haben und freuen uns auf die Präsentation der Arbeiten Mitte November.

Produktion: HAU Hebbel am Ufer. Gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes. „Sacre 100“ findet statt im Rahmen von Tanz über Gräben. 100 Jahre "Le Sacre du Printemps" ist eine Veranstaltung der Kulturstiftung des Bundes und des Zentrums für Bewegungsforschung an der Freien Universität Berlin in Kooperation mit dem RADIALSYSTEM V und dem HAU Hebbel am Ufer.