22.–27.4.2014

SOON YOU ARE THEIRS

Eine Werkschau von Jared Gradinger und Angela Schubot

Das in Berlin und international über die Tanzszene hinaus bekannte Duo Schubot/Gradinger hat in den vergangenen fünf Jahren gemeinsamer Arbeit eine ganz eigene, markante Ästhetik und Bewegungssprache entwickelt. Mit extremer Physikalität und Radikalität, gleichzeitig aber in fragilen Situationen höchster Intimität kreisen ihre Arbeiten immer wieder um die Frage: Wie kann man zusammen existieren?

Mit der Werkschau SOON YOU ARE THEIRS, die in enger Zusammenarbeit mit dem HAU Hebbel am Ufer entsteht, werden Jared Gradinger und Angela Schubot den Zyklus ihrer bisherigen gemeinsamen Arbeiten präsentieren. Darüber hinaus wird es einen eintägigen Marathon und – zum Abschluss der Retrospektive – einen Remix-sacrifice der drei wiederaufgeführten Duette.

Allen Stücken gemeinsam ist das Thema der Entgrenzung des Körpers. what they are instead of (2009) kreiste um die gnadenlose Erschöpfung des “Ich” und den Wunsch, es zum Verschwinden zu bringen. Das Stück is maybe (2011) führte dieses Motiv weiter. Jared Gradinger und Angela Schubot schufen hier ein identitätsloses Hybridwesen, das aus der radikalen Symbiose von zwei ineinanderfließenden Körpern hervorgeht. Kann ich meinem Ich entkommen, indem ich in einem bedingungslosen Miteinander meine Heimat im Anderen suche? Das zweiteilige Projekt LES PETITES MORTS (2013) schloss an diese Frage an, verlieh aber dem Thema der Ich-Auflösung eine neue Dimension. Der erste Part, i hope you die soon, stellt die Frage, wie es ist, zusammen zu sterben. Lässt sich dieser Akt als letzte und ultimative Möglichkeit eines Miteinanders denken? Der zweite Teil dieser Arbeit ist das Trio all my holes are theirs, das gemeinsam mit Aleesa Cohene entstanden ist. Hier geht es um den Versuch der beiden Performer, durch radikale gegenseitige Hingabe an einen Dritten zu sterben und zu verschwinden.

Die Werkschau wird ergänzt von kleinen Zuschauerworkshops, in denen Schubot/Gradinger ihre choreografische und körperliche Praxis mit den Zuschauern teilen. Ferner gibt es Vorträge, Diskussionsrunden und Installationen. Robert Steijn, bekannt für seine schamanistischen theatralen Rituale, wird gemeinsam mit dem Publikum und Künstlern ein Todesritual anleiten. Die Videokünstlerin und Performerin Aleesa Cohene kreiert eine Geruchsinstallation, die von ihrer Zusammenarbeit mit Angela Schubot und Jared Gradinger inspiriert ist. Martin Clausen steuert eine Textinstallation bei und zelebriert die Verschmelzung mit der Umwelt. Eine Soundinstallation von Tian Rotteveel gibt dem Publikum die Möglichkeit zur Entspannung. Dasniya Sommer hat gemeinsam mit Jared Gradinger und Angela Schubot eine Bondage-Performance erarbeitet. Im Rahmen eines Konzerts des Elektronik-Musikers Leyland Kirby werden beide Künstler im wahrsten Sinne des Wortes aneinander gefesselt.

Rahmenprogramm:

Conversation on Non-Duality and Liberation
Richard Sylvester

23.4. / HAU1

Richard Sylvester hält seit 2005 Vorträge zum Thema der spirituellnen Befreiung und “Nicht-Dualität”. Er hat drei Bücher zu diesem Thema verfasst: “I Hope You Die Soon”, “The Book Of No One” und “Drink Tea, Eat Cake”. Sein Vortag ergänzt Schubot/Gradingers Wiederaufführung von is maybe und dient gleichermaßen als Einleitung in die Werkschau.

The Same Problem 3
Aleesa Cohene and Benny Nemerofsky Ramsey

24.4. / HAU3 / Installation

Künstlerin Aleesa Cohene und Benny Nemerofsky produzieren als Teil der laufenden Serie “The Same Problem” eine limitierte Edition von Duftkerzen. Die Installation wird im HAU3 zwischen der Wiederaufführung von Schubot/Gradingers LES PETITES MORTS - all my holes are theirs und LES PETITES MORTS - i hope you die soon zu sehen sein. Der Duft wird durch die Themen der Werkschau  inspiriert und vereint die verschiedenen Noten “Ego”, “Sweat” und “Smoke”.

INVERSION: The Pulsating Motion of a Dancing Geometry
Robert Byrnes

26.4. / HAU3

Im Anschluss an Schubot/Gradingers what they are instead of referiert Robert Byrnes über das Phänomen der Inversion. Die “Inversion” ist eine, scheinbar magische, rhythmisch pulsierende Bewegung, durch die das Äußere einer Form ins Innere verkehrt wird, um sich mit gleicher Bewegungsrichtung wieder ins Äußere zu verwandeln. Diese Bewegung kann unendlich lange fortgesetzt werden. Modelle aus Papier beispielsweise machen die Inversion mit Augen, Haut und Muskeln erlebbar. Die verschiedenen Arten der Inversion und die große Anzahl von Modellen ihrer Beschreibung geben einen Einblick in den Rhythmus und die Beziehung zwischen der Absicht und der tatsächlichen Bewegung eines Körpers. 

Rahel de Joode
Space In-between

26.4. / HAU1 / Installation

De Joode hat bereits bei mehreren Projekten mit Jared Gradinger und Angela Schubot zusammen gearbeitet. Für “Space in-Between” erschafft sie eine Skulptur aus dem Raum zwischen den Körpern der beiden Tänzer. Die Installation ist im Rahmen des Schubot/Gradinger-Marathons zu sehen.

Ich bin die Füllung von Innen
Martin Clausen

23. + 26.4. / HAU1 / Installation

Die Installation “Ich bin die Füllung von innen“ bietet als Ergänzung zu Schubot/Gradingers Wiederaufführung von is maybe ein Reich an Identifikationsmöglichkeiten dar, in dem man sich in Fremdkörper und Fremdräume hineinbegeben kann. So werden sonst unzugängliche Orte erreicht, solche die eigentlich zu klein scheinen, um sie zu betreten sowie solche, die zu groß scheinen, um sie als Ziel in Erwägung zu ziehen.
Unsere Identität verschafft uns einen sichernden, scheinbar von anderen trennenden Schutzfilm, während die Fähigkeit zur Identifikation mit dem Anderen eine poröse, durchlässige Stelle offenlegt, an der sich die Grenzen der eigenen Persönlichkeit aufweichen und erweitern. Das Innehalten von der Abkehr vor dem Anderen, das beim Verweilen eintritt, kann ansonsten feste Identitäts-Ausstülpungen neu beleben.

Flipsides
Tian Rotteveel

26.4. / 18:00 / HAU1 / Spectral concert

“Flipsides” ist ein spektrales Konzert, das mit Vibration, Klang und Licht arbeitet. Das Publikum wird auf die Bühne gebeten und wird liegend selbst zum Mittelpunkt des Geschehens, während sich anhaltenden Vibrationen in Ereignisse und orchestrale Musik verwandeln. Danach folgt eine Umkehrung: das Publikum durchwandert Erkennbares und Unerkennbares, Elektronisches und Akkustisches, Privates wie Öffentliches. „Flipsides“ scheut weder Wachträume noch existentielle Zweifel und ist ein Teil des Schubot/Gradinger-Marathons. 

Death Ritual
Robert Steijn

26.4. / 23:00 / HAU3 / Ritual

Robert Steijn initiiert ein Ritual, bei dem die Zuschauer miteinander in Dialog treten, tanzen oder mit  geliebten Menschen, die verstorben sind, in Kontakt treten können, um sich zu enstpannen, um Alltagssorgen loszulassen und um bewusster zu leben. "Wenn du Angst davor hast zu leben, dann hast du auch Angst davor zu sterben. Also lasst uns dem Tod ins Gesicht schauen und den Moment des Loslassens voll erleben." 

UNTANGLE - Bondage Installation
Dasniya Sommer

27.4. / HAU1

Im Anschluss an soon you are theirs / Remix-sacrifice wird die Bondage-Künstlerin Dasniya Sommer im Rahmen eines Konzerts des bekannten Elektronik-Musikers Leyland Kirby die Tänzer Angela Schubot und Jared Gradinger aneinander fesseln und aufhängen. Zum Abschluss der Werkschau zwingt diese rituelle Zwangsverschmelzung  Schubot und Gradinger ein letztes Mal aneinander und ermöglicht eine vollkommene körperliche Aufgabe.