Jeremy Wade

Porträt

Exzess, Ekstase, Exaltation – Jeremy Wade hat sich einen Namen als Extrem-Performer gemacht. Seine Arbeiten verstören und rütteln auf: Sie kreisen um Kontrollverlust, Verausgabung, Kollaps und Selbstauflösung. Die wütende Verzerrung der Körper hat auch immer eine gesellschaftskritische Stoßrichtung.  

Der amerikanischer Tänzer und Choreograf schließt 2000 die School for New Dance Development in Amsterdam ab. Als wichtige Erfahrung bezeichnet er auch die Jahre intensiven Night-Clubbings in der New Yorker Gay-Szene. Die Premiere seines ersten abendfüllenden Stücks “Glory” findet 2006 am Dance Theater Workshop in New York statt. Für das Duett erhält er den New York Bessie Award. Seit 2006 lebt und arbeitet Jeremy Wade in Berlin, wo er sich zum ersten Mal ganz dem Choreografieren widmen kann. Hier entsteht zunächst das Gruppenstück “…and pulled out their hair” (2007), in denen er mit den Mitteln der Groteske arbeitet. Wade bezieht sich dabei nicht auf historische Positionen, es geht ihm darum, durch den Tanz einen “monströsen emotionalen Körper” zu erschaffen, der sich mit aktuellen Themen wie Religion, Krieg oder Pornografie assoziieren lässt. 

“Articulating disorientation” nennt Wade seinen Ansatz. Er experimentiert viel mit ‘Authentic Movement’ und ‘Releasing technique’, um sich der eigenen Impulse bewusst zu sein. Was folgt ist eine Dekonstruktion: Wade  trennt den Impuls von der Aktion, denn er ist nicht an einem kontinuierlichen Fluss interessiert, sondern will einen “hyper-segmented body” zeigen. Ein wichtiger Einfluss ist auch das Konzept der “Wunschmaschine” von Deleuze/Guattari. In “I Offer My Self To Thee” (2009) geht es um Hingabe und die Produktion von Glücksgefühlen. Aus der Zusammenarbeit mit dem japanischen Manga-Zeichner Hiroki Otsuka entsteht “There Is No End To More” (2010), ein Abend, der die Form einer grellen Kinder-Fernsehshow annimmt. 
“Dark Material” (2013) entsteht als Kollaboration mit der bildenden Künstlerin Monika Grzymala und dem Musiker Jamie Stewart von der amerikanischen Indie-Band XiuXiu. Grzymala bearbeitet den Bühnenraum mit Gaffertape, das Klebeband erschwert jede Bewegung der beiden Performer*innen. Das Partizipations-Projekt “Together Forever” (2014) ist ein abendfüllendes Experiment, in dem die sozialen und politischen Implikationen von Gemeinschaft, Liebe und Zuwendung erfahrbar werden sollen. Die Teilnehmer*innen essen, trinken, tanzen zusammen und lernen, einander zu vertrauen. “Death Asshole Rave Video” (2015)  ist eine furiose One-Man-Show und ein ‘danse macabre’. Wade holt zu einem Rundumschlag aus: Es geht um die ökonomische Krise, das Zerbrechen gesellschaftlicher Übereinkünfte, den Werteverfall, das Umweltsterben, aber auch um die prekäre Künstler*innen-Existenz. Dabei hat “Death Asshole Rave Video” auch etwas von einer garstigen Stand-Up-Comedy. Eine Zukunftsvision aus queerer Perspektive entwirft er in dem Stück “Drawn Onward” (2015), für das er mit dem Science-Fiction-Autoren John-Erik Jordan zusammengearbeitet hat. Jeremy Wade ist er einer der wichtigsten Verfechter*innen einer queeren Ästhetik und Körperpolitik. Neben den eigenen Stücken widmet er sich dem Kuratieren und Produzieren von ekstatischen Veranstaltungen.
 

Sandra Luzina

Biografie

Jeremy Wade ist Performer und Choreograf. Seine Arbeiten, die auch Kuration und soziale Praxis einbeziehen, sind aufrüttelnd und regen zum Nachdenken an: Sie behandeln queerfeministische Strategien der Weltgestaltung, die relationale Ethik der Fürsorge, neoliberale Kritik und die Gewalt, die soziale Normen auf Körper ausüben. Wade ist Absolvent der SNDO in Amsterdam und erhielt im Jahr 2000 einen Bessie Award für “Glory” beim Dance Theater Workshop in New York City. Im Jahr 2006 zog er nach Berlin und arbeitet seitdem unter anderem mit dem HAU Hebbel Am Ufer eng zusammen. Er schuf “Fountain”, “Death Asshole Rave Video”, “Drawn Onward”, “Between Sirens” und “The Clearing”, wo Puddles the Pelican erstmals auftrat. Seitdem arbeitet Wade mit Darcey Bennett zusammen, beide stehen im Dienst des Show-Pelikans, einem kaputten Vogel, der mit seiner Band “The Creatures from the Deep” aus dem Rumpf eines durch die Hölle treibenden Kreuzfahrtschiffes Lieder singt und Geschichten erzählt. Gemeinsam präsentierten sie Shows im Mousonturm, HKW, Tanzquartier Wien und auf dem Fusion Festival.

 

 

Jeremy Wade ist Performer, Choreograph, Lehrer und Kurator. 2000 schloss er die School for New Dance Development in Amsterdam ab. Für sein Stück “Glory” am Dance Theater Workshop in New York Stück erhielt er 2006 den Bessie Award. Seither lebt Wade in Berlin, wo er eng mit dem HAU Hebbel am Ufer zusammenarbeitet. 2011 begab er sich in eine sechsmonatige Forschungsphase mit dem Titel “identity and transgression”. Aus dieser Zeit resultieren das Solostück “Fountain“ und das Trio “To the Mountain“. In seinen Arbeiten erforscht er den Tod des Menschen, die Subjektivität von Zombies, seltsame Zustände des Seins und affektive Relationalität, um jene sozialen Codes zu untergraben, welche unsere Körper definieren und unterdrücken. Neben seiner intensiven Lehrpraxis beschäftigt sich Jeremy Wade mit der Kuration, Produktion und Durchführung ekstatischer Events, Serien, Festivals und Symposien wie etwa “Politics of Ecstasy”, “Creature Feature”, “The Great Big Togetherness” und “Who Cares”, in Zusammenarbeit mit der Journalistin Astrid Kaminski.

 

www.jeremywade.de