Von: Jonas Blume / Erstellt mit: Grand Theft Auto V (Rockstar Games, 2013)
Gespräch mit Jonas Blume, Christoph Bareither und Janne Kummer
Videoarbeit ebenfalls ab 20:00 verfügbar
Im Anschluss bis 31.1. in der HAUthek verfügbar
Was passiert, wenn ein Künstler in einem gewaltgeladenen Spiel wie “Grand Theft Auto” jegliche Handlungsfähigkeit aufgibt? In der Videoarbeit “Rhythm Zero Los Santos” legt Jonas Blume das Schicksal seines Avatars in die Hände anderer Spieler*innen.
Indem Jonas Blume sein virtuelles Alter Ego der Spielwelt von “Grand Theft Auto” überlässt ohne einzugreifen, wird es Teil eines Gefüges, in dem Macht und Grenzüberschreitungen kontinuierlich ausgehandelt werden – und sein Avatar fortlaufend von den Mitspielenden angegriffen wird. Die Videoarbeit ist inspiriert von Marina Abramovićs Performance “Rhythm 0” (1974) und Yoko Onos “Cut Piece” (1964), in denen sie als Künstlerinnen untätig blieben und die Besucher*innen eingeladen wurden, mit verschiedenen Gegenständen Handlungen an ihren Körpern durchzuführen. In beiden Fällen wurde die Kontrolle über die Situation auf das Publikum übertragen.
In “Rhythm Zero Los Santos” wird der virtuelle Raum zu einem gefährlichen Ort. Auch wenn die Spielerinnen anonym bleiben und die Waffen nur digital existieren, bleibt die gezeigte Aggression erschreckend real. Dabei stellt sich die Frage, welche Bedeutung das soziale Geschlecht in der Wahrnehmung dieser Gewalt hat, besonders im Vergleich zu den Performances von Abramović und Ono. Die Differenz zwischen den Avataren in “Grand Theft Auto” und den Körpern der Künstlerinnen verschiebt den Blick: Er zeigt, wie geschlechtliche Zuschreibungen strukturiert werden, wer als handlungsfähig und wer als verletzbar erscheint.
Bereits zum dritten Mal präsentiert das HAU eine künstlerische Auseinandersetzung mit dem Videospiel “Grand Theft Auto” und fragt, worin der Reiz liegt, sich mit diesem Spiel zu beschäftigen. Dies werden Janne Kummer, Jonas Blume und Christoph Bareither besprechen.
Jonas Blume ist ein Medienkünstler, der sich mit der Verschränkung von Realität und Fiktion beschäftigt. In seinen Arbeiten verbindet er generative Bildtechnologien, Künstliche Intelligenz und physische Installationen. So erforscht er Themenfelder wie Cyberidentität, virtuelle Körperlichkeit, und die Projektion von fiktionalen Narrativen auf ökologische Systeme. Blume erhielt einen BFA vom Pratt Institute, New York, und einen MA in Visual Anthropology von der FU Berlin. Seine Arbeiten wurden international ausgestellt, zum Beispiel im Museum für Gestaltung in Zürich, NRW-Forum Düsseldorf, Centre Pompidou, Kunstmuseum Gelsenkirchen und den Goethe-Instituten Montréal und Toronto. 2024 wurde seine Arbeit “Bodies” in einer von Peggy Schoenegge kuratierten Austellung am HAU Hebbel am Ufer gezeigt.
Christoph Bareither ist Professor für Empirische Kulturwissenschaft mit Schwerpunkt Digitale Anthropologie an der Universität Tübingen. Seine Forschung und Lehre fokussiert sich auf die ethnografische Analyse digitaler Alltagskulturen. Ziel seiner Arbeit ist es, die Transformationen alltäglicher Praktiken und Erfahrungen in einem von Digitalität geprägten Alltag (bspw. bedingt durch Künstliche Intelligenz, Social Media, digitale Bildtechnologien, Computerspiele) ethnografisch zu beleuchten. Neben diesen inhaltlichen Themen entwickelt er die Methoden der digitalen Ethnografie und computergestützten Datenanalyse weiter und leitet das Digital Anthropology Lab, das sich als internationaler und interdisziplinärer Hub für die Ethnografie digitaler Alltagskulturen versteht.
Janne Kummer ist interdisziplinäre*r Künstler*in und arbeitet an der Schnittstelle von darstellender und digitaler Kunst, Game Design, Musik und Kritischer Theorie. Kummers Arbeit untersucht die Darstellungspolitik von Körpern im analogen wie im digitalen Raum, derzeit mit Fokus auf die aktuellen Entwicklungen im Bereich Künstliche Intelligenz. Die Arbeiten hinterfragen bestehende Machtstrukturen und entwickeln alternative queer-feministische Zukunftsvisionen. Ihr*sein kreativer Prozess basiert auf einem somatischen Verständnis und erkennt den Körper als primäre Wissensquelle an. Janne Kummers Hintergrund als Kampfsportler*in bildet die Grundlage für die performative Bewegungspraxis. Zuletzt hat Kummer die Arbeit “Unreal Conditionals” am HAU gezeigt.
Von: Jonas Blume / Erstellt mit: Grand Theft Auto V (Rockstar Games, 2013)
Das Gespräch beginnt um 20:00 und findet live statt. Es können Fragen über den Chat gestellt werden. Teil der Unterhaltung sind Ausschnitte der Arbeit “Rhythm Zero Los Santos”. Diese Videoarbeit (112 Min.) kann auch unabhängig vom Gespräch angesehen werden.
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